NSG 328 Peenetal von Jarmen bis Anklam
Lage: Flusstalniederung der Peene mit angrenzenden Talrändern und Seitentälern zwischen Jarmen und Anklam
Größe: 3.414 ha
Gemeinden: Stadt Jarmen, Stadt Gützkow, Neetzow- Liepen, Stolpe, Postlow, Stadt Anklam, Ziethen, Groß Polzin
Unterschutzstellung: 20.05.2010
Schutzzweck: Sicherung und Entwicklung eines großflächigen und vollständigen Ausschnittes eines typischen Flusstalmoores im nordostdeutschen Tiefland mit seinen entsprechend den Höhen-, Nährstoff- und Feuchtigkeitsgradienten unterschiedlich ausgeprägten Talhängen und Nebentälern in ihrer natürlichen und nutzungsbedingten Floren- und Faunenvielfalt.
Beschreibung: Das Gebiet ist Bestandteil des Peene-Urstromtals, welches gegen Ende der letzten Eiszeit die Schmelzwässer der Gletscher Richtung Nordwesten ableitete. Heute entwässert die durch keinerlei Staue oder Wehre regulierte Peene ein Einzugsgebiet von über 5500 km² in die entgegengesetzte Richtung. Vom Kummerower See bis zur Mündung in den Peenestrom hat der Fluss eine Länge von knapp 100 km, das dazugehörige Tal ist meist 1 bis 2 km breit. Entlang der aufgrund des geringen Gefälles nur langsam fließenden Peene hat sich seit dem Subboreal vor ca. 5000 Jahren das größte Flusstal- Niedermoor Deutschlands gebildet und bis heute erhalten. Je nach Entfernung zum Fluss und je nach Grundwassereinfluss haben sich Überflutungs-, Durchströmungs- oder Quellmoore gebildet.
Für das Peenetal ist eine durchgängige Besiedlung seit dem Mesolithikum vor 10.000 bis 8.000 Jahren durch Funde und Grabstätten nachgewiesen. Seit dem ausgehenden Mittelalter wurden kleinere Bereiche der Niedermoore vorwiegend zur Streu- und Futtergewinnung in extensiver Weise genutzt und nur im geringen Maße entwässert. Vor allem im 18. und 19. Jahrhundert hatte die Brenntorf-Gewinnung eine große Bedeutung, daher prägen viele Torfstiche und -gräben das Gebiet. Ab etwa 1920 erfolgte eine intensivere landwirtschaftliche Nutzung großer Teile der Flusstalmoore und die Wasserstände in den Wiesenflächen wurden durch den Bau von Deichen und den Betrieb von Schöpfwerken stärker reguliert. Es entstanden Polder, deren Nutzung als Saatgrünländer in den 1960er und 1970er Jahren im Zuge der Komplexmelioration intensiviert wurde. Die Torfbildung kam zum Erliegen, die Torfkörper schrumpften und setzten ihre Nährstoffe frei. Daher verloren diese Flächen viele der moortypischen Tier- und Pflanzenarten. Diese Entwicklung setzte sich bis in die 1980er Jahre fort.
Von 1992 bis 2009 wurden durch den eigens gegründeten Zweckverband „Peenetal-Landschaft“ im Rahmen eines Naturschutzgroßprojektes zur Renaturierung umfangreiche Flächenkäufe, Maßnahmen zur hydrologischen Sanierung und Abschlüsse von langjährigen Verträgen zur extensiven Pflegenutzung getätigt. Viele dieser geschädigten Flächen wurden so erfolgreich auf den Weg zu einem besseren Zustand gebracht.
Aufgrund seiner Größe, seiner relativen Ungestörtheit und seiner Habitatvielfalt beherbergt das Peenetal eine bemerkenswerte Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten. Dort kommen etwa 40 Säugetierarten vor, darunter sehr stabile Populationen von Fischotter (RL 2) und Biber (RL 3). War der Biber noch bis in die 1970er Jahre hinein im Gebiet ausgestorben, hat er sich mittlerweile wieder im gesamten Peenetal verbreitet und gestaltet die Randbereiche und Zuflüsse der Peene vielfach nach seinen Bedürfnissen. Die Peene ist das Gewässer mit der höchsten Vielfalt an Fischen: Von den 51 in Mecklenburg-Vorpommern vorkommenden Süßwasser- und Wanderfischarten sowie den Rundmäulern sind 37 (72%) in der Peene heimisch, darunter auch Lachs und Forelle (RL 1) sowie Bach- (RL 2) und Flussneunauge (RL 1). Für letztere sind vor allem die zahlreichen kleineren Zuflüsse der Peene von großer Bedeutung. Bei den Vögeln ist der Anteil sogar noch höher: Etwa 80% aller in Mecklenburg-Vorpommern vorkommenden Brutvogelarten sind im Peenetal nachgewiesen. Dazu zählen Eisvogel (RL 3), Krick-und Löffelente (beide RL 2), Fluss- (RL 2) und Trauerseeschwalbe (RL 1) und der Seeadler. Für Arten mit speziellen Habitatansprüchen wie Bartmeise und Blaukehlchen ist das Flussgebiet eines der größten zusammenhängenden Brutgebiete in Mitteleuropa. Auch viele andere Tierartengruppen, wie Tag- und Nachtfalter, Libellen, Laufkäufer, Spinnen, Mollusken, Reptilien und Amphibien, weisen eine hohe Diversität mit vielen seltenen und gefährdeten Vertretern auf.
Die Flora des Peenetales ist gleichermaßen herausragend: Nur wenige Moore in Europa weisen ein ähnlich vollständiges Inventar der ursprünglichen Niedermoorvegetation auf. Exemplarisch genannt werden sollen die im NSG vorkommenden Arten Trollblume (RL 2), Mehl-Primel (RL 1), Sumpf-Herzblatt (RL 2), Niedrige Birke (RL 1), Fliegen-Ragwurz (RL1), Preußisches Laserkraut (RL 2) Sumpf-Läusekraut (RL 2), Blauer Tarant (RL 1), Sumpf-Sitter (RL 2) sowie Ostsee-Knabenkraut (RL 1). Auch auf den mineralischen Hängen des Talrandes, die oft einen trockenen und bisweilen nährstoffarmen Standort bieten, existiert eine artenreiche Vegetation. Hier kommen Pech-Nelke (RL 2), Kleiner Wiesenknopf (RL 3), Kuhschelle (RL 2), Weidenblättriger Alant (RL 2) und Knäuel-Glockenblume (RL 2) vor.
Öffentliche Nutzung: Das Gebiet kann von vielen Stellen her eingesehen und auf gekennzeichneten Wegen begangen werden. Auf der Peene als Bundeswasserstraße ist das Befahren erlaubt. Innerhalb des NSG dürfen Boote jedoch nur an den offiziellen Wasserwanderrastplätzen (Kanuverein Gützkow, Kanuanleger Liepen, Stolpe, Anklam) festmachen. Das Ankern ist nur außerhalb des Schwimmblatt-Bewuchses zulässig. Es sind Bade- und Uferangelstellen ausgewiesen. Das Lagern im Gebiet ist verboten.